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Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule auch bei jungen Menschen

Neurochirurg Priv.-Doz. Dr. Sebastian Hartmann, PhD erklärt Ursachen, Behandlung und Vorbeugung

Bereits im Alter zwischen 20 und 40 Jahren treten bei manchen Menschen Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) auf. Wochenlange, starke Schmerzen, Auswirkungen auf die Mobilität und die Frage nach dem Warum beschäftigen viele. Glücklicherweise benötigt nur ein Bruchteil der Patient*innen eine Operation, weiß Neurochirurg Priv.-Doz. Dr. Sebastian Hartmann, PhD, seit Dezember im Ärzteteam des Wirbelsäulenzentrums am Sanatorium Kettenbrücke.

Erfahrener Chirurg neu im Team

Dr. Hartmann bringt über zwölf Jahre Erfahrung in der Neurochirurgie mit Schwerpunkt Wirbelsäule mit. Die letzten viereinhalb Jahre war er leitender Oberarzt an der Neurochirurgie der Universitätsklinik Innsbruck. Bereits als Student hatte Dr. Hartmann die Möglichkeit, als OP-Assistent bei Geschäftsführer und Ärztlichem Direktor des Sanatorium Kettenbrücke, Dr. Michael Gabl, im OP zu assistieren, sodass der Wechsel ins Wirbelsäulenzentrum der Innsbrucker Privatklinik ein logischer Schritt war. 

LWS-Bandscheibenvorfälle meist gut behandelbar

„Die meisten Bandscheibenvorfälle in der Lendenwirbelsäule sind nach sechs bis acht Wochen konservativer Therapie (Schmerzmittel und Physiotherapie) ausgestanden und benötigen somit keine Operation. Kommt es allerdings zu motorischen Defiziten, Blasen-/Mastdarmschwäche oder einem Taubheitsgefühl im Intimbereich, ist diese, teils als Notfall, notwendig“, erklärt Dr. Hartmann. Bei einem Bandscheibenvorfall tritt Bandscheibenmaterial aus und drückt auf eine oder mehrere Nervenwurzel(n), was sehr schmerzhaft ist. In den meisten Fällen resorbiert sich aber das ausgetretene Gewebe im Wirbelkanal im Laufe der konservativen Therapie über mehrere Wochen, sodass der Druck auf die Nervenwurzel und damit auch die Schmerzen nachlassen. „Bei jungen Patientinnen und Patienten kann man anhand einer Bildgebung, die bei asymptomatischen Patienten nach konservativ ausgeheiltem Bandscheibenvorfall nicht standardmäßig durchgeführt wird, im Verlauf gar nicht mehr erkennen, dass es einen Bandscheibenvorfall gegeben hat“, beschreibt der Facharzt.

Wann operiert wird

Neben kontinuierlicher Schmerztherapie sowie Physiotherapie erhalten Patient*innen mit einem Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule mitunter Infiltrationen, um die betroffene Nervenwurzel zu betäuben. Dies erleichtert die Beschwerden temporär, um die Schmerzen im Rahmen der konservativen Therapie besser kontrollieren zu können. Falls die Schmerzen unerträglich werden, länger als zwei bis drei Monate andauern bzw. die oben genannten Notfallsymptome auftreten, kann eine Operation geplant werden. Bei Notfällen, vor allem wenn Betroffene plötzlich eine definierte Muskelschwäche erleiden oder unkontrollierbarer Harnverlust bzw. Harnverhalt auftreten, führen die Neurochirurgen den Eingriff umgehend durch. „Im Rahmen der mikroskopischen Operation, bei der nur ein Schnitt von zwei bis drei Zentimetern Länge vorgenommen wird, entfernen wir den ausgetretenen, sequestrierten Teil der Bandscheibe und nehmen so den Druck von der Nervenwurzel“, erklärt Dr. Hartmann.

Rasche Erholung

Bereits am ersten Tag nach der Bandscheibenoperation werden die Patient*innen mit Hilfe der  Physiotherapeut*innen mobilisiert. Die Schmerzen im Bereich der Beine sind unmittelbar nach der Operation besser bzw. verschwunden. Nach vier bis sechs Wochen können Betroffene je nach Beruf wieder langsam in das Arbeitsleben einsteigen. „In drei bis sechs Prozent der Fälle kommt es zu einem Rezidiv, also einem nochmaligen Bandscheibenvorfall an derselben Stelle. Kurz nach der Operation können wir das rasch und unkompliziert operativ beheben “, so der Neurochirurg.

Mögliche Ursachen und Tipps zur Vorbeugung

„Die Ursachen eines Bandscheibenvorfalls sind meist multifaktoriell. Eine familiäre Häufung sowie eine Bindegewebsschwäche werden häufig diskutiert. Mitunter kann falsches Heben schwerer Lasten und Übergewicht zu einem Bandscheibenvorfall führen, andererseits treten Bandscheibenvorfälle auch bei Leistungssportlerinnen und Leistungsportlern auf. Ob jemand körperlich eher aktiv oder inaktiv ist, hat sich als nicht unbedingt ausschlaggebend erwiesen, jedoch gestaltet sich die Rehabilitation nach der Operation bei sportlich aktiven Patientinnen und Patienten deutlich einfacher“, zeigt Dr. Hartmann auf. Er hat Tipps, wie gerade jüngere Menschen dauerhafte Fehlhaltungen vermeiden können: Bei Hebetätigkeiten soll die Wirbelsäule möglichst gerade bleiben und aus den Beinen gearbeitet werden. Vorbeugend wirkt die allgemeine Stärkung der Rückenmuskulatur und körperliche Aktivität, um etwaiges Übergewicht zu reduzieren. Nikotinkonsum wirkt sich übrigens negativ auf das Bandscheibengewebe aus.

©Pichler